Eine Geschichte des Essens – und was damit zusammenhängt

Und so bleibt, was ich schrieb: Nicht auf die Größe kommt es an. Die neuronale Vernetzung ist das Entscheidende.
Das scheint mir ebenfalls plausibel - aber @Dion sieht das anders:
Das ist weiterhin nur eine Behauptung.
Des weiteren zeigt @Dion Größenvergleiche: die Schädel von Neandertalern sind die größeren.
--- hier müsste ich naiv schlußfolgern, dass beim verdrängen der Neandertaler die Minderbegabten gesiegt haben. Aber zugleich waren die Höherbegabten weniger fit in filigranen Angelegenheiten:
Was man allerdings sagen kann, ist, dass die Steinwerkzeugbearbeitung des Neandertalers wesentlich weniger filigran ist, als die des „Jetztmenschen“ im Paläo- und Mesolithikum.
Das wirft für die platte Banallogik ein Problem auf: die Aussagen sind unvereinbar...

Dann aber diese Info:
Die Größe des Gehirns im Verhältnis zum Körper wird als entscheidendes Kriterium für die Intelligenz eines Lebewesens angesehen. Es kann ja sein, dass es auch auf die Vernetzung ankommt, aber in Bezug auf Neandertaler können wir diesbezüglich keine Aussage machen.
Also ein Riesenkopf auf kleinem Körper müsste ein Schulversager sein --- Kant war bucklig und klein, aber recht großer Kopf, Lichtenberg ähnlich... Spaß beiseite: wenn statistisch das mit dem Verhältnis stimmt, dann muss der in Sachen filigran versagende Neandertaler entweder ein Missverhältnis zwischen Schädel und Körper oder nur wenig Grütze im Schädel gehabt haben - so weit die Banallogik bzgl der Aussagen :D Denn wenn der Neandertaler dank größerem Schädel ein größeres Hirn bei gleichzeitig optimalem Hirn-Körper-Verhältnis gehabt hätte, hätte er weit schlauer als der "Jetztmensch" sein müssen, und wir müssten beklagen, dass der schlauere Neandertaler vom intellektuell dumpferen Jetztmensch verdrängt wurde. Denn das würde ein paar zynische Verse von Heine bewahrheiten:
"Und der schlecht're Mann gewinnt"
sowie
"Und der Pöbel Vivat ruft"
(aus "Valkyren")

Nein, es wird wohl mehr an der Qualität der Vernetzung liegen.
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...aber was hat das mit der Geschichte des Essens zu tun???
 
Zuletzt bearbeitet:
...aber was hat das mit der Geschichte des Essens zu tun???
Das geht auf diese Bemerkung in meinem Eröffnungsbeitrag zurück:
Die Frage, war der aufrechte Gang – und damit die freiwerdenden Hände – für das größere Gehirn und damit für den Aufstieg des HSS verantwortlich oder die Landwirtschaft oder beide. Wahrscheinlich beide. Ich meine, auch Neandertaler ging aufrecht, hatte sogar ein größeres Gehirn als HSS, und kannte das Feuer, aber zur Landwirtschaft schaffte er es nicht, weil er vorher ausstarb, allerdings nicht ohne uns zuvor ein paar Gene zu hinterlassen. :D
 
Gegartes Essen gilt einigen Anthropologen als Grund dafür, dass der Mensch Kapazitäten freistellen konnte, da er weniger Energie verbrauchte, um das Essen zu verwerten. Es wurde demnach weniger Energie für den Verdauungstrakt benötigt, und das Gehirn konnte mehr Energie beanspruchen.
Soweit ich weiß, kontrollierte bereits H. erectus das Feuer.
Allerdings sind sich die Anthropologen auch weitgehend einig, dass der aufrechte Gang eine andere Kopfform erlaubte und somit sowohl Grundlage des Sprechapparats als auch eines - hier sind wir in scheinbaren Widerspruch zu meinen früheren Aussagen, dass es nicht auf die Größe, sondern auf die Vernetzung ankommt - entwickleteren Gehirns war.
 
Um Energie und Intelligenz des Menschen geht es auch in diesem Artikel der Süddeutschen von heute: Macht die Jagd den Menschen schlau? – Zitat (Fettschreibung durch mich):

Ihre These lautet: Weil die großen Tiere seltener wurden, schwenkten die Menschen notgedrungen auf kleinere Beute um und veränderten ihre Jagdtechnik. Je kleiner die Beute, desto weniger Nährwert liefert sie, desto weniger Energie durften die Jägerinnen und Jäger also ins Erlegen eines einzelnen Tieres stecken. Für kleinere Tiere mussten demnach leichtere und präzisere Jagdwaffen sowie kraftsparende Techniken her. Wer dazu kognitiv nicht in der Lage war, hatte keine Chance. Und so wiederum, so das Argument, habe die Jagd die Gehirnentwicklung der Menschen gefördert. Vereinfacht formuliert machte die komplizierter werdende Jagd die Menschheit schlau.
(…)
Dass die Menschen ihre Jagdtechniken veränderten, weil sie kleinere Beutetiere jagen mussten, ist eine mögliche Lesart. Womöglich sind die Zusammenhänge aber auch komplexer. Denkbar wäre zum Beispiel, dass zuerst neue Techniken aufkamen, die es den Menschen dann gestatteten, verstärkt kleinere und weniger gefährliche Tiere zu jagen, also das Risiko der Jagd zu senken. Die Forscher schränken selbst ein: Ihre Datengrundlage sei klein, es handle sich um eine explorative Studie. Zumindest sei aber die zeitliche Korrelation klar.
Doch auch das ist nicht unumstritten.


Originalveröffentlichung: https://www.mdpi.com/2571-550X/6/3/46

PS: Für mich klingt die These logisch.
 
Um diese Diskussion fortzusetzen: Dass der Homo neanderthalensis größeres Gehirn hatte als sein Brüder Homo Sapiens, spielte lange Zeit keine Rolle – man hielt ihn für geistig minderbemittelt, um nicht zu sagen: tumb. Doch in den letzten 30-40 Jahren haben Forscher bei Neandertalern so viel früher Übersehenes entdeckt, dass sie jetzt im neuen Licht gesehen werden: Von einst grobschlächtigen Menschen mit starken Wülsten über den Augen und (zu) langen Armen, wurden nach und nach neue Erkenntnisse über deren Intelligenz gewonnen – die vorerst letzte scheint zu sein: Neandertaler erfanden Mehrkomponentenkleber*.

* Vielen Dank an @Fulcher für den Link.
 
Neandertaler hatten immer noch große Augenwülste und verhältnismäßig lange Arme (verglichen mit uns). Dass mit dem Klebstoff vor 40.000 Jahren ist sicher im Detail interessant und eine archäologische Entdeckung, aber nichts grundsätzlich neues. Das Neandertaler Klebstoffe (vermutlich anderer Art) schon vor 200.000 Jahren verwendeten wurde, wurde hier im Forum schon 2017 gemeldet. Was auch nicht allzu verwunderlich ist, da entsprechend alte Speerspitzen mWn schon lange bekannt sind, und die i-wie sicher an einem Schaft befestigt werden müssen.


 
Mir ist nicht klar, was das mit der Geschichte des Essens zu tun hat.
Nicht klar? Womit, denkst du, haben denn die Neandertaler z.B. die erlegten Tiere tranchiert? Mit der Steinklinge natürlich, eingeklebt in einen Griff mit Mehrkomponentenkleber! Und das passt hervorragend zum Titel des Fadens, denn du wahrscheinlich gar nicht wahrgenommen hast, sonst hättest du diese Frage nicht gestellt. :D
Dass mit dem Klebstoff vor 40.000 Jahren ist sicher im Detail interessant und eine archäologische Entdeckung, aber nichts grundsätzlich neues. Das Neandertaler Klebstoffe (vermutlich anderer Art) schon vor 200.000 Jahren verwendeten wurde, wurde hier im Forum schon 2017 gemeldet.
Stimmt, grundsätzlich Neues ist das nicht, aber es zeugt von Erfindungsreichtum der Neandertaler. Während die klebenden Eigenschaften des Birkenpechs zufällig entdeckt sein konnten, musste die Bitumen/Ocker Mischung gezielt hergestellt worden sein: Zähflüssiges Bitumen ähnelt dem Birkenteer, aber erst mit der Beimischung von Ocker im richtigen Verhältnis zueinander bekam man einen Klebstoff, der diesen Namen verdient.
Das ist eine intellektuelle Leistung, zu der auch heute nicht jeder so schnell fähig ist – Zitat aus dem Artikel, auf den @Fulcher verwiesen hat:

Bei der näheren Analyse fand das Forschungsteam um Patrick Schmidt heraus, dass für den Kleber Bitumen mit ungefähr 55 Prozent Ocker gemischt wurde. Doch den Archäologen gelang es nicht, diesen Klebemix mit dem getrockneten Bitumen, das sie in der Nähe der Neandertaler-Fundstelle gesammelt hatten, und Ocker nachzubilden.
Das funktionierte erst, als sie auf zähflüssiges Bitumen setzten.
 
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